Im letzten Beitrag ging es um die Rolle von Plastik in unserem Alltag und wie es in den Meeren und auch in unseren Mägen landet. – Aber ist das wirklich so schlimm? Lies hier mehr darüber und auch, was Du persönlich zur Plastikvermeidung tun kannst!

Gefahren auch für den Menschen

Dass Plastik im menschlichen Verdauungstrakt keine Ausnahmeerscheinung ist, wurde erst letzte Woche in Wien bekannt. Bei einer Pilotstudie konnte Mikroplastik im Stuhl von acht Probanden aus unterschiedlichen Ländern in Europa und Asien nachgewiesen werden. Aufgrund der kleinen Stichprobe sind zwar noch keine allgemeingültigen Aussagen möglich, aber das Forscherteam schätzt, dass dies bei weltweit 50% der Menschen der Fall sein könnte. In anderen Studien wurde bereits Mikroplastik in Blut, Lymphe und Leber von Tieren gefunden.

Doch wieso ist das für den Menschen relevant? Immerhin wird sich von uns keiner in Plastikmüll im Meer verheddern und ersticken oder an Unterernährung sterben, weil unsere Mägen voll von Flaschendeckeln und dergleichen sind? – Wie so oft lauern die Gefahren jedoch im Kleinen, denn die im Plastik enthaltenen Stoffe werden oft mit der Zeit an die Umgebung abgegeben und können dann mit Lebensmitteln und sogar der Atemluft aufgenommen werden. Im Körper wiederum können sie das Nervensystem, die Leber und die Niere schädigen, Krebs verursachen oder das Hormonsystem beeinträchtigen. Die Rolle von Mikroplastik bei entzündlichen Reaktionen im Magendarmtrakt soll jetzt in Wien vom Umweltbundesamt und der Medizinischen Universität weiter erforscht werden.

Schon bald ein Ding der Vergangenheit? Das EU-Parlament möchte Plastikgeschirr wie Einwegbecher und Strohhalme verbieten. (Bild: Tora von Collani)

Lösungsansätze

Der Auftrag von Politik, Wissenschaft und Industrie

Natürlich kann man nicht von uns erwarten, in den Wald zu ziehen und uns von jeglicher Zivilisation abzuwenden oder instinktiv zu wissen, welche Gegenstände zuhause unbedenklich oder krankheitsfördernd sind. Deshalb ist es die Aufgabe und Verantwortung der Politik, den Verbraucher und die Umwelt durch Grenzwerte und Verbote zu schützen.

Einen Schritt in diese Richtung ist das EU-Parlament letzte Woche gegangen, indem es dafür abgestimmt hat, Plastikgeschirr u. Ä. zu verbieten. Nur durch Vorgaben von oben wird sich wirklich etwas ändern, denn geben wir es zu: Der Mensch ist träge. Wir wollen es bequem haben und nehmen deshalb so einiges gegen besseres Wissen in Kauf – sofern wir über das nötige Wissen überhaupt verfügen. Nur wenn wir durch Gesetze oder höhere Kosten gezwungen werden, ändern wir wirklich unser Verhalten. Dabei können neue Routinen schnell in Fleisch und Blut übergehen, wie das Recyclingverhalten der Deutschen zeigt. Ich zumindest fühle auch im Ausland immer den Drang, meinen Müll zu trennen.

Auf unserem Recyclingsystem ausruhen dürfen wir uns aber keinesfalls! Die aktuelle Quote für die „stoffliche Verwertung“ von Kunststoff, d.h. das Recycling im Gegensatz zur „energetischen Verwertung“ durch Müllverbrennung, liegt aktuell bei nur 36%! Immerhin wird sie ab dem nächsten Jahr auf 58,5% erhöht. Und im europäischen Vergleich, was die erzeugte Müllmenge pro Einwohner angeht, schneiden wir Deutschen gar nicht gut ab.

Eine große Bedeutung  im Kampf gegen die Verschmutzung durch Plastik fällt wie so oft der Wissenschaft zu. Diese muss nicht nur die Gefahren erforschen und darauf aufmerksam machen, sondern auch Alternativen und Problemlösungen finden. Wichtig ist natürlich, dass Politiker sich an den Ergebnissen orientieren, die von unabhängiger Forschung erzeugt wurden. Schon zu oft haben von der Industrie finanzierte Studien zweifelhafte Ergebnisse erbracht, um es vorsichtig auszudrücken. Deshalb ist die staatliche Förderung von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen ja so wichtig. Auf die bereits erwähnte neue Studie in Wien können wir jedenfalls gespannt sein!

Gemüsestand ohne Plastikverpackungen (Bild: Lukas Budimaier / Unsplash)
Verschiedene Wäschelabels: Das verwendete Material ist klar ausgewiesen (Bild: Tora von Collani)

Was kann jeder von uns tun?

Damit sich etwas tut, braucht es ausreichend Masse und Momentum, und um die zu erreichen, muss jeder einzelne von uns für sich Verantwortung für seinen Beitrag übernehmen. Aber keine Angst! Vergesst nicht, dass jeder noch so kleine Schritt ein Schritt in die richtige Richtung ist! Niemand verlangt, dass jeder von jetzt auf gleich keinerlei Müll mehr produziert. Das geht ja auch nur mit viel Aufwand und Zeit, wie die bewunderungswürdigen Beispiele der Zero-Waste-Bewegung zeigen. Wenn wir jedoch alle bewusster einkaufen und konsumieren, können wir schon viel erreichen. Im Folgenden gebe ich Euch einige Anregungen an die Hand. Vielleicht lässt sich das eine oder andere gut in Deinen Alltag integrieren:

  • Stecke ein paar Baumwollbeutel in die Hand- oder Jackentasche, dann brauchst Du auch bei einem spontanen Einkauf keine Plastiktüte!
  • Verwende Plastiktüten mehrmals, z.B. die kleinen Tüten vom Obst als Müllbeutel im Kosmetikeimer im Badezimmer!
  • Ziehe die Alu-Deckel von Plastikbechern ganz ab, bevor sie in den gelben Sack oder die gelbe Tonne kommen! Nur so können die Materialien richtig sortiert und dann recycelt werden.
  • Kaufe mehr lose Lebensmittel! Das geht bei Obst und Gemüse in vielen Supermärkten, auf Märkten oder in speziellen Unverpackt-Läden, wo man sogar Pasta, Hülsenfrüchte, Cerealien usw. bekommt (Schraubglas o.ä. mitbringen!).
  • Kaufe Getränke und Joghurt in Glas statt Plastik! (Das ist ja auch viel appetitlicher.)
  • Nimm Deine eigene Glasflasche und Deinen eigenen Kaffeebecher mit, wenn Du unterwegs bist! Das spart sogar Geld, denn manchmal bekommt man Rabatt, wenn man keinen Einwegbecher braucht.
  • Verwende verschließbare Dosen statt Lebensmittel in Frischhalte- oder Alufolie einzuwickeln! Es gibt solche Dosen auch aus Glas.
  • Achte darauf, welche Kosmetika Kunststoffe enthalten, z.B. per App! (CodeCheck oder Beat the Microbead)
  • Prüfe beim Kauf von Kleidung die verwendeten Materialien! Wie bei Fleisch sollte es hier auch heißen: Klasse statt Masse. Vermeide v.a. folgende Materialien: Acryl, Nylon, Polyester!
  • Wasche Deine Kleidung erst, wenn es nötig ist und nicht als Aufräummaßnahme!
  • Ziehe die Verwendung des Guppyfriend Waschbeutels  in Betracht, der in der Waschmaschine lose Mikrofasern auffängt, damit sie nicht ins Abwasser gelangen! Nebenbei verlängert er die Lebensdauer Deiner Kleidungsstücke.

Hast Du noch andere, leicht umsetzbare Tipps und Tricks?

Tora von Collani arbeitet als freie Übersetzerin und Lektorin für Deutsch und Englisch. Sie hat 2003 ihr Archäologiestudium abgeschlossen und übersetzt und lektoriert seitdem. Nach einigen Stationen im E-Commerce-Bereich ist sie seit Anfang 2019 selbstständig. Sie interessiert sich für Kräuter, Archäologie, Nachhaltigkeit und Irland.

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